Spontanität gefragt im Tigre Delta

 

Für umgerechnet nur 0,35 Cent pro Person fuhren wir knapp eine Stunde mit der Bahn nach Tigre. Unglaublich günstig! Anfangs hatten wir noch etwas Angst um unser Gepäck. Von jedem hört man, dass Argentinien gefährlich ist, bislang fühlen wir uns jedoch nicht unsicher. Auch im Zug nicht. Um uns herum saßen viele Familien mit Kindern und es spielte sogar eine argentinische Band, die von Zugabteil zu Zugabteil wanderte. Die Musik gefiel uns richtig gut und es machte Spaß, ihnen zuzuhören.

 

Tigre selbst ist eine kleine Stadt am Rande von Buenos Aires. Hier machen überwiegend wohlhabendere Argentinier aus Buenos Aires einen erholsamen Kurzurlaub an den Wochenenden. Die Stadt ist eher gemütlich ist nicht von ausländischen Touristen überlaufen. Vom Fluss aus fahren Wasser-Taxis und Wasser-Busse ins Tigre Delta. Dies sind kleine Inseln, die über Wasserstraßen erreichbar sind. Auf einem der Inseln befindet sich das B&B, in dem wir die nächsten zwei Wochen arbeiten wollen.

 

Wir schipperten mit dem Wasser-Boot die Wasserstraßen entlang und schon nach einer viertel Stunde Fahrt erreichten wir das B&B. Der erste Eindruck war sehr positiv, ein orange gestrichenes, großes Haus, umgeben von viel Grün. Im Garten Hängematten und Palmen. Direkt vor dem Haus gibt es einen eigenen Bootssteg.

 

Das war der erste Eindruck. Daraufhin folgte der Zweite... Das Haus von innen war sehr heruntergekommen. An den Decken hingen die Spinnen. Da diese sehr niedrig waren, musste Andy sich ducken, damit er nicht die Spinnen inklusive Spinnenweben in seinen Haaren hängen hat. Das Wasser aus den Leitungen war genau so braun wie im Fluss. Man wusste nicht, ob die Hände vor oder nach dem waschen sauberer waren. Sauberkeit und Hygiene wurden im gesamten Haus nicht sonderlich groß geschrieben. So mussten wir beispielsweise die Gegenstände, die wir in der Küche benutzt haben, vor dem Gebrauch waschen. Das gebrauchte Toilettenpapier kam in den Mülleimer statt in die Toilette. Handtücher etc. waren total fleckig und in die Ecken des Zimmers oder unter´s Bett wollte man lieber nicht gucken. Der Anblick der vielen Spinnenweben und des Drecks hat schon gereicht. Zudem waren wir mit den Besitzern – dem Holländer und der Argentinierin - nicht wirklich auf einer Wellenlänge. Dies war ja bereits unsere dritte Workaway-Erfahrung und somit hatten wir ja schon Vergleiche.

 

Wir machten uns dann an die Arbeit. Für Andy ging es Rasen mähen – mit einem Rasenmäher der alle paar Minuten den Geist aufgab. Der Besitzer des B&B meinte darauf nur, er hätte schon von anderen Workawayers gehört, dass der Rasenmäher ab und zu streikt, und setzte sich wieder an den Computer. Während Andy den Rasen mähte, durfte ich den Schimmel von der Decke schrubben. Im Wohnzimmer und auch in den Badezimmern waren die Decken voller Schimmel. Die Neuseeländerin, die ebenfalls über Workaway einige Zeit in dem B&B bleiben wollte, half mir dabei. Sie war einen Tag vor uns angereist und wollte ursprünglich auch 2 Wochen bleiben, hatte jedoch noch am selben Tag verkündet, dass sie am nächsten Tag abreisen wird. Ihr Eindruck war ähnlich wie unser. Generell erledigten die Workawayer die Arbeit und die Besitzer saßen vor dem PC.

 

Am Abend kochten wir zusammen für insgesamt 8 Personen. Neben den Besitzern, uns und der Neuseeländerin waren am gleichen Tag noch ein Pärchen aus Buenos Aires angereist, welches ein Zimmer gebucht hat, sowie eine Marokkanerin, die über „Couchsurfing“ hier war. Die Marokkanerin war also Gast, musste nichts zahlen und nicht arbeiten – der Sinn von Couchsurfing ist, neue Leute kennenzulernen und es ist eine gute Option, kostenlos privat zu übernachten. Mit den Gästen aus Buenos Aires verstanden wir uns auf Anhieb richtig gut. Wir saßen abends noch zusammen auf dem Bootssteg. Sie haben uns unter anderem auch den Tipp gegeben, dass man zu den Iguazu Falls auch günstig von Buenos Aires fliegen kann. Hm. Das wäre ja was...

 

In der Nacht haben wir nur wenig geschlafen, da wir Mücken im Zimmer hatten. Wir wurden am Tag schon zerstochen und dies hörte leider auch in der Nacht nicht auf. Andy fühlte sich insgesamt noch unwohler als ich und für uns stand fest, dass wir hier keine 2 Wochen bleiben. Die Helfer müssen hier die Drecksarbeit machen, die Besitzer rühren keinen Finger (bis auf kochen) und zudem stimmt die Chemie einfach nicht. Und so buchten wir spontan einen Flug zu den Iguazu Falls für den kommenden Tag. Wir wollten dann am nächsten Morgen abreisen. Eine Stunde später entschlossen wir, noch am selben Tag abzureisen. Und innerhalb von 15 Minuten hatten wir gepackt und unser Bett neu bezogen für die nächsten Gäste. Inzwischen war sogar die Marokkanerin, die ja eigentlich als Gast dort war, involviert und durfte ebenfalls den Schimmel von den Decken schrubben. Mich hat ein richtig schlechtes Gewissen geplagt, dass wir so plötzlich abreisen, Andy absolut nicht. Es passte halt nicht und dann kann man es besser frühzeitig abbrechen als lange zu warten. Uns bleiben nur noch die 1,5 Wochen für Argentinien und wer weiß, wann wir hier nochmal hin kommen. Wären uns die Besitzer sympathisch gewesen, hätten wir gerne die gesamte Zeit mit ihnen verbracht. In diesem Fall hat die eine Nacht jedoch gereicht. Die Besitzer haben es zum Glück gelassen aufgenommen. Somit konnte auch ich wieder durchatmen und es ging nach dem Mittag mit dem Wasser-Boot zurück nach Tigre. Wir fanden ein schönes Hostel direkt im Zentrum für eine Nacht und hatten so noch den Nachmittag, um uns die Stadt anzusehen. Wir liefen zu dem großen Markt-Viertel – es gab viele, schöne Geschäfte. Unter anderem Deko, Pflanzen, Hängematten und viele Holzmöbel. Es waren überwiegend Argentinier hier und es war einfach schön, durch die Straßen zu schlendern.

 

Morgen früh gibt es noch Frühstück im Hotel, dann geht es mit dem Zug zurück nach Buenos Aires, wo am Nachmittag unser Flieger startet. Der Flug dauert 1,5 Stunden und ist mit 120 Euro pro Person nur minimal teurer als die alternative 20-stündige Busfahrt!

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